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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 09.01.2003
Aktenzeichen: 6 Ta 30/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1 | |
ZPO § 569 | |
ZPO § 133 |
2. Ob im Bereich des Öffentlichen Dienstes eine Erstattungsfähigkeit von Reisekosten besteht, wenn eine kostengünstigere Regelung der Vertretung am Gerichtsort möglich wäre, weil dort eine übergeordnete Dienststelle oder eine Außenstelle die Vertretung hätte wahrnehmen können, ergibt sich aus einer objektiven, für den konkreten Fall vorzunehmenden Bewertung.
Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss
Geschäftszeichen: 6 Ta 30/02
In dem Rechtsstreit
beschließt das Landesarbeitsgericht Hamburg, 6. Kammer durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht xxxxxxxxxxx als Vorsitzende am 09. Januar 2003:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. November 2002 - 13 Ca 35/01 - teilweise abgeändert.
Gegen die Klägerin werden Kosten wie folgt festgesetzt:
- Portokosten für die Schriftsätze vom 06. März 2001,
- 08. Mai 2001 und 15. Juni 2001
- in Höhe von jeweils DM 3,00 mit DM 9,00
= € 4,60
- Kopiekosten für 40 gefertigte Kopien zu je DM 0,15 mit DM 6,00
= € 3.07
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 92/100.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 25. Juli 2001 - 13 Ca 35/01 - die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Unter Zugrundelegung dieses Urteils hat die Beklagte unter dem 20. August 2002 beantragt, gegen die Klägerin folgende Kosten festzusetzen:
1. Reisekosten zum Termin vor dem Arbeitsgericht Hamburg am 23. März 2001 mit DM 76,--
2. Reisekosten zum Termin vor dem Arbeitsgericht Hamburg am 25. Juli 2001 mit DM 76,--
3. Portokosten für die Schriftsätze vom 06. März 2001, 08. Mai 2001 und 15. Juni 2001 in Höhe von jeweils DM 3,-- mit DM 9,--
4. Kopiekosten für 40 gefertigte Kopien zu je DM 0,15 mit DM 6,--.
Hinsichtlich der Begründung der Beklagten zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Positionen wird auf den Schriftsatz vom 14. Oktober 2002 sowie auf die Gründe des angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschlusses verwiesen. Letzteres gilt auch für die Erwiderung der Klägerin.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. November 2002 hat das Arbeitsgericht Hamburg den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Reisekosten zu den Terminen vor dem Prozessgericht seien nicht zu erstatten, da sie sich nicht als notwendige Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellten. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass der Rechtsstreit von dem für die Prozessführung zuständigen Beamten der - Kiel - habe geführt werden müssen. Im Bereich des Öffentlichen Dienstes könne durch die Delegation der Endvertretung eine Erstattungsfähigkeit dann nicht erreicht werden, wenn eine kostengünstigere Regelung der Vertretung am Gerichtsort möglich gewesen wäre. Die Termine hätten durch sie .................. Hamburg wahrgenommen werden können.
Zur fehlenden Erstattungsfähigkeit der Fotokopier- und Portokosten hat sich das Arbeitsgericht auf den Beschluss des OLG Frankfurt vom 25. April 2001 (MDR 2001, 772) bezogen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Blatt 112 bis 116) verwiesen.
Gegen den der Beklagten am 28. November 2002 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Beklagte am 11. Dezember 2002 sofortige Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.
Sie trägt vor, auf Grund einer Verwaltungsanordnung sei die Prozessführung in arbeitsgerichtlichen Verfahren auf die ...............verwaltungen, hier auf die ......................- Außenstelle Kiel - übertragen worden. Diese Übertragung gewährleiste eine kostengünstige und sachgerechte Vertretung der Beklagten vor Gericht.
Mit der Verwaltungsanordnung habe die Beklagte eine Delegierung der Prozessführung bis auf eine Ebene vorgenommen, auf der Volljuristen in der Funktion als Prozessvertreter vorhanden seien. Die Beklagte habe ein berechtigtes Interesse daran, dass der mit der Prozessführung beauftragte Bearbeiter auch die Termine vor Ort wahrnimmt. Eine Wahrnehmung des Termins durch einen Bediensteten vor Ort, der über keine verfahrensrechtlichen Kenntnisse verfüge, könne von der Beklagten nicht gefordert werden.
Jedenfalls, soweit die Partei nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, seien die Kopierkosten zu erstatten. Die Fertigung von Kopien diene insbesondere hinsichtlich der Anzahl der einzureichenden Schriftsätze einer zweckentsprechenden Prozessführung. In einer Gesamtbetrachtung werde die Grenze der Geringfügigkeit überschritten. Es dürfe auch nicht übersehen werden, dass auch das Vorhalten von Kopiergeräten nicht unerhebliche Kosten verursache. Die Ablehnung der Erstattung von Portokosten erschließe sich aus den Gründen des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht.
Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 11. Dezember 2002 verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist statthaft gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO.
Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sind die geltend gemachten Portokosten und Kopierkosten im Umfang von DM 9,-- bzw. DM 6,-- = € 4,60 bzw. € 3,07 erstattungsfähig gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die geltend gemachten Fotokopierkosten beziehen sich auf Mehrausfertigungen der Schriftsätze vom 06. März 2001, 08. Mai 2001 und 15. Juni 2001 nebst Anlagen. Die Erforderlichkeit dieser Kopien ergibt sich bereits aus § 133 ZPO.
Die Erstattungsfähigkeit lässt sich auch nicht mit dem Argument verneinen, es handele sich um relativ unerhebliche Kosten. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht zu entnehmen, dass für die Erstattungsfähigkeit zunächst ein bestimmter Wertlevel erreicht werden muss.
Soweit sich das Arbeitsgericht auf den Beschluss des OLG Frankfurt vom 25. April 2001 (MDR 2001, 772) bezieht, trifft dieser Beschluss nicht den vorliegenden Sachverhalt. Das OLG hat sich für den Fall der Vertretung durch einen Rechtsanwalt auf den Standpunkt gestellt, im Hinblick auf eine dem Mandanten zur Verfügung stehende preiswerte Möglichkeit der Fertigung von Fotokopien seien die wesentlich höheren Kosten, die der Rechtsanwalt seinem Mandanten für das Fertigen von Kopien in Rechnung stellt, nicht vom Prozessgegner zu erstatten. Für den Fall, dass eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erfolgt und die Partei die ihr selbst entstandenen Kopierkosten geltend macht, sind keine Feststellungen getroffen. Das OLG führt aus, es müsse von der Partei im Rahmen des § 91 Abs. 1 ZPO verlangt werden, die für die Prozessführung erforderlichen Kopien selbst herzustellen und nicht durch Beauftragung ihres Anwalts mit deren Anfertigung weitere vermeidbare Kosten zu verursachen. Der Beschluss enthält zwar Formulierungen, die auf eine rechtliche Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Kopierkosten bei der Partei selbst schließen lassen, letztlich bestand für das OLG jedoch insoweit keine Notwendigkeit, sich rechtlich festzulegen, da der Fall anders gelagert war.
Die Beschwerdekammer im vorliegenden Verfahren sieht jedenfalls keine Möglichkeit, im Rahmen des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Erstattungsfähigkeit von Fotokopierkosten der Partei selbst zu verneinen.
Auf die geltend gemachten Portokosten ist das Arbeitsgericht Hamburg im Kostenfestsetzungsbeschluss nicht separat eingegangen. Offenbar wird die Ablehnung der Erstattungsfähigkeit auf die gleiche Argumentation wie bei den Kopierkosten gestützt. Auf die Ausführungen kann insoweit verwiesen werden.
Der sofortigen Beschwerde der Beklagten war daher insoweit stattzugeben.
Im Übrigen war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Ein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten zu den Terminen vor dem Arbeitsgericht Hamburg am 23. März 2001 und 25. Juli 2001 besteht gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 ZPO nicht.
Reisekosten, die einer Partei zur Wahrnehmung ihrer Rechte entstehen, sind zwar grundsätzlich erstattungsfähig. Maßgebend für den Umfang der Kostenerstattungspflicht ist die Bestimmung des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Daraus ergibt sich, dass die entstandenen Kosten nur insoweit erstattungsfähig sind, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen sind. Jede Partei ist verpflichtet, die Kosten möglichst niedrig zu halten.
Durch die Regelung des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird ein konkreter, nach objektiven Gesichtspunkten feststellbarer Maßstab eingeführt, die Berücksichtigung subjektiver Vorstellungen einer Prozesspartei ist ausgeschlossen (vergl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage, § 12 a Rdn. 20 ff m. w. N.).
Hieraus wird der Schluss gezogen, es sei nicht in die Prüfung zweckentsprechender Rechtsverteidigung einzubeziehen, ob die Konzentration der Führung einer Vielzahl von Prozessen an einer Stelle sinnvoll ist. Diese Überlegung betreffe nicht die konkreten Gegebenheiten des einzelnen Prozesses. Im Bereich des Öffentlichen Dienstes könne durch Delegation der Endvertretung eine Erstattungsfähigkeit von Reisekosten dann nicht erreicht werden, wenn eine kostengünstigere Regelung der Vertretung am Gerichtsort möglich wäre, wenn dort eine übergeordnete Dienststelle oder eine Außenstelle die Vertretung hätte wahrnehmen können (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge a.a.O.; LAG Niedersachsen LAGE Nr. 15 zu § 91 ZPO; LAG Berlin DB 1994, 1628).
Zwar ist das LAG Hamburg in zwei länger zurückliegenden Beschlüssen vom 13. August 1974 und vom 27. August 1981 (5 Ta 9/74 und 5 Ta 8/81) in den dortigen Fällen zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Entscheidend ist aber ohnehin eine objektive, für den konkreten vorliegenden Fall geltende Betrachtungsweise (vergl. Arbeitsgericht Hamburg vom 23. März 1981 (5 Ca 424/79); Germelmann/Matthes/Prütting//Müller-Glöge a.a.O. Rdn. 20). Auch das LAG Hamburg hat im Beschluss vom 13. August 1974 in Abgrenzung zum Beschluss des LAG Hamburg 3 Ta 4/73 mit den Umständen des Falles argumentiert.
Für die Beschwerdekammer war, wie schon für die Entscheidung des Arbeitsgerichts, maßgeblich, dass ausweislich des Akteninhalts ausschließlich die ................... Hamburg der Beklagten als personalführende Stelle im Vorfeld des Rechtsstreits mit der Frage der Gewährung der von der Klägerin geltend gemachten Bewährungszulage beschäftigt war. Auf die Schreiben der ....................... Hamburg vom 17. Januar 1991, vom 03. Dezember 1996, vom 29. September 2000 sowie das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07. November 2000 kann verwiesen werden. Der Rechtsstreit ist im Vorfeld nicht von der ................. Kiel geführt worden.
Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Beklagte bei ihrer untergeordneten Dienststelle, der ............................ in Hamburg, über Beamte verfügt, die mit der dem Prozess zu Grunde liegenden Materie hinreichend vertraut sind. Wie schon das Arbeitsgericht Hamburg im Beschluss vom 23. März 1981 betont, zeigt die Praxis, dass gerade die Einschaltung von Prozessbearbeitern regelmäßig zur Verlängerung der Informationswege und zur Verzögerung des Rechtsstreits führt, was regelmäßig Veranlassung gibt, das persönliche Erscheinen sachkundig instruierter Vertreter anzuordnen. Was die Klärung von Rechtsfragen anbelangt, kann sie regelmäßig durch vorbereitende Schriftsätze erfolgen und bedarf nicht der Anwesenheit des Prozessbearbeiters. Im Übrigen entsteht gerade ein Mehraufwand dadurch, dass der Prozessbevollmächtigte in Kiel zunächst über den Sachverhalt instruiert werden muss und von dort aus ggf. weitere Rückfragen erforderlich werden, weil der Prozessbearbeiter nicht am Ort des Geschehens seinen Diensten nachgeht.
Angesichts der Tatsache, dass die ..................... Hamburg im vorliegenden Fall in kompetenter Weise im Vorfeld des Rechtsstreits tätig war und es sich auch nicht um einen schwierig gelagerten Rechtsstreit handelte, hätte die Beklagte im Einzelnen darlegen müssen, weshalb gleichwohl eine Wahrnehmung der Termine durch die ................... erforderlich wurde. Die Beklagte hat sich jedoch letztlich nur pauschal auf die Verwaltungsanordnung zur Delegierung der Prozessführung bezogen. In dieser generellen Form ist die Begründung für § 91 Abs. 1 ZPO nicht hinreichend.
Die sofortige Beschwerde war daher teilweise zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben, § 78 Satz 1 ArbGG, § 567 Abs. 1 ZPO. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 78 Satz 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor.
Ende der Entscheidung
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